Alex Bodry: Ein paar Klarstellungen in Sachen Kirchenfabriken

Zur Zeit sorgt der Gesetzesvorschlag der Regierung über die Abschaffung der Kirchenfabriken und die Klärung der Besitzverhalten bei kirchlichen Gebäuden für teils heftige Reaktionen.

Aufgrund der vielen Ungenauigkeiten, Teilwahrheiten und Unterstellungen, die von einzelnen Gesetzesgegnern vorgebracht werden, scheinen ein paar knappe Klarstellungen angebracht:

  • Die Abschaffung der Kirchenfabriken ist kein Punkt aus dem Wahlprogramm der Regierungsparteien oder dem Koalitionsabkommen von 2013.

Diese Abschaffung ist das Ergebnis von Verhandlungen mit der katholischen Kirche und fusst auf Vorschlägen, die von Vertretern der Kirche bereits 2012 in die Diskussion eingebracht wurden.
Es ist die logische Folge der Schaffung eines nationalen Kirchenfonds und des Wunsches der Kirchenführung, die Verwaltung sämtlicher Kirchengüter zu zentralisieren um so auch mit knapperen staatlichen Geldmitteln über die Runden zu kommen.

  • Diese Gesetzesvorlage ist kein Überraschungsangriff auf die katholische Kirche, ausgeheckt von einer antiklerikalen blau-rot-grünen Parlamentsmehrheit, sondern die logische Folge eines Reformprozesses, der bereits unter der vorherigen CSV-LSAP Koalition unter der direkten Verantwortung von Kultusminister Biltgen (CSV) eingeleitet wurde. Eine von der CSV mitverfasste Parlamentsmotion unterstützt diese Neudefinierung der Verhältnisse zwischen Staat und Kirchen und fordert u.a. eine Reform der Gesetzgebung der Kirchenfabriken. Die von Minister Biltgen eingesetzte Expertengruppe hat u.a. als Lösung auch die Abschaffung der Kirchenfabriken als mögliche Schlussfolgerung zurückbehalten.
  • Es geht in erster Hinsicht um die überfällige Klärung der Besitzverhältnisse der kirchlichen Gebäude im Land. Im Endeffekt werden Kirchen, welche für Gottesdienste benutzt werden, auch in Zukunft für diesen Zweck zur Verfügung stehen. Andere kirchliche Gebäude, welche keine religiöse Nutzung erfahren, werden verstärkt für kulturelle oder gemeinschaftliche Zwecke genutzt werden können, wie dies ja auch im Ausland öfters der Fall ist. Für den Unterhalt ist in erster Hinsicht der Besitzer des kirchlichen Gebäudes zuständig, was ja auch den allgemeinen Regeln des Zivilrechts entspricht.
  • Die Regeln des Denkmalschutzes bleiben voll in Kraft. Dies bietet einen weitgehenden Schutz für sämtliche erhaltenswerten Gebäude und zusätzlich die Möglichkeit, einer staatlichen Bezuschussung bei Restaurierungsarbeiten.
  • Auch wenn in Zukunft die Gemeinden bei Gebäuden, die der Kirche gehören, nicht mehr finanziell intervenieren sollen, so gilt dies nicht für den Staat. Auch in Zukunft wird sich die öffentliche Hand um Erhalt unseres kirchlichen Patrimoniums finanziell beteiligen.Dies geschieht über den Denkmalschutz wie auch über steuerliche Vorteile oder die Bezuschussung von sozialem Wohnungsbau auf kirchliche Initiative hin.
  • Bei dem Gesetz geht es nicht darum, jemanden zu enteignen, sondern im Gegenteil, die kirchlichen Gebäude dem rechtmässigen Besitzer zuzuführen. Bestehende öffentlich- kirchliche Einrichtungen wie die Kirchenfabriken werden per Gesetz wieder abgeschafft, wie sie per Dekret vor mehr als 200 Jahren eingeführt wurden. Das Gesetz regelt was mit den Aktiva der Kirchenfabriken geschieht. Die von der katholischen Kirche unterschriebene Konvention wird voll und ganz respektiert.
  • Von innerkirchlichen Machtkämpfen einmal abgesehen, bietet die Gesetzesvorlage von Minister Dan Kersch genug Stoff zu einvernehmlichen Lösungen auf lokaler Ebene. Sie setzt auf Verhandlungen und Dialog.

Mit ein bisschen gutem Willen dürften in 95% der Fälle Kompromisse einfach zu finden sein. Deshalb ist die jetzige Aufregung, sofern sie gegen die Regierung gerichtet ist, nur schwer objektiv nachzuvollziehen.

  • Es bleibt, dass die Mitglieder der Räte der Kirchenfabriken mit dem neuen Gesetz ihre Befugnisse verlieren. Die katholische Kirche dürfte Wege finden, diese ehrenamtliche Tätigkeit für andere kirchliche Aufgaben zu nutzen. Das ist jedoch eine Frage, die nur kirchenintern und nicht per Gesetz geregelt werden kann.
  • Die CSV hat versucht per Pressemitteilung, in recht unorthodoxer Art, Druck auf den Staatsrat auszuüben. Ich denke die Hohe Körperschaft wird ihre Unabhängikeit schon zu verteidigen wissen. Bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit der Gesetzesvorlage sollte der Staatsrat vielleicht auch Artikel 119 unserer Verfassung die nötige Aufmerksamkeit schenken. Laut dieser Übergangsregelung behalten die bestehenden Bestimmungen, welche die Kirchen betreffen bloss so lange Gültigkeit bis die auf der Grundlage von Artikel 22 der Verfassung verfasste Verträge abgeschlossen sind. Es ist nicht auszuschliessen, dass auch das Napoleonische Dekret von 1809 unter diese transitorische Verfassungsregel fällt. In dieser Hypothese hätten die Kirchenfabriken bereits jetzt, und dies seit 1998, keine gültige rechtliche Grundlage mehr!

Eine öffentliche Debatte über die Gesetzesvorlage des Innenministers ist wünschenswert, ja notwendig. Sie sollte jedoch sachlich und auf dem Boden der Tatsachen geführt werden. Diese Klarstellung möchte ich als Beitrag zur Objektivierung der Diskussion verstanden wissen.

 

Alex BODRY
Abgeordneter

 

 

 

 

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