« Ambitionen und Realität » – Ein Meinungsbeitrag von Franz Fayot

Letzte Woche wurden im Parlament gleich drei verschiedene Politikgebiete beleuchtet. Sinn und Zweck eines solchen Unterfangens, kann nur die Lösung der diagnostizierten Probleme in dem jeweiligem Politikgebiet sein. Und genau bei der Lösung liegt die Gemeinsamkeit der drei unterschiedlichen Gebiete: alle drei verlangen sie ein resoluteres Einschreiten der öffentlichen Hand, welches jedoch bis jetzt bei den anvisierten Lösungsansätzen schmerzlich vermisst wird. Vermehrt fragt man sich, ob dies also doch nur leere Versprechen sind, leere Absichtserklärungen, oder ob nach anfänglicher Einsicht und der anschließenden Absicht, nun das notwendige resolute Handeln erfolgt, um die Probleme anzugehen und schlussendlich auch zu lösen.

Der erste Akt: der Energie- und Klima-Plan

 

Zuerst wäre da einmal der Energie- und Klima-Plan, welcher am 27. Februar vorgestellt wurde. Der Klimawandel schreitet immer schneller voran, und seine Auswirkungen werden immer deutlicher. Die Herausforderung ist enorm: das GIEC redet von einer notwendigen Reduzierung der Emissionen um 55 Prozent bis 2055. Ein resolutes Handeln ist von Nöten, um in letzter Minute doch noch das Schlimmste zu verhindern. Auch Luxemburg muss seinen Anteil im Kampf gegen den Klimawandel leisten. Mehr Energieeffizienz, weniger Treibhausgase, lautet die Formel mit der Luxemburg die Klimaziele des Pariser Klimapakts angehen möchte. Unter dem Einfluss von Wirtschaftswachstum und ungezügeltem Konsum, schnellten die luxemburgischen Treibhausgasausstöße jedoch in der Vergangenheit in die Höhe und Luxemburg gehört zu den schlimmsten Umweltsündern. Man könnte sich jetzt hinter dem enormen Energieverbrauch unserer Großindustrie verstecken, doch dies wäre zu kurz gegriffen. 64 Prozent der Treibhausgase stammen aus dem lokalem Auto- und Lastverkehr, sowie dem Tanktourismus.  Man könnte die Spritpreise, wie geplant, um einige Cent in die Höhe setzen und jeden Autofahrer strafen. Das Übel könnte man aber nur bei der Wurzel packen, wenn man den Ankauf von SUVs und anderen Dreckschleudern hoch besteuern würde. Unser Steuersystem beruht auf dem Gerechtigkeitsprinzip, dass breite Schultern mehr tragen sollten als kleinere. Dieses Prinzip sollte auch bei Umweltsündern gelten. Große Umweltsünder, sollten nach dem Verursacherprinzip, auch finanziell, über Steuerregulierungen, ihren gerechten Anteil zur notwendigen Umweltwende leisten. Das Eingreifen der öffentlichen Hand, über eben solche Steueransätze, ist unumgänglich für eine wirklich grüne Politik. Der Klimaplan lässt solche jedoch schmerzlich vermissen, womit ein Erreichen jener hochgesteckten Ziele schwierig erscheint.

Der zweite Akt: der « Plan de développement durable »

 

Der zweite Akt war der « Plan de développement durable », welcher die luxemburgische Umsetzung der 17 Objectifs du développement durable der UNO festlegt. Dieser Plan, welcher im Juli 2018 das erste Mal vorgestellt wurde, beschreibt die Ziele und Methoden der Luxemburger Regierung, um die großen, zivilisatorischen Ziele der UNO zu erreichen. Hier geht es von der gerechten Verteilung des Reichtums und der Bekämpfung der Ungleichheiten, über eine saubere Umwelt für alle, das Recht auf eine gute Bildung, den Kampf gegen den Klimawandel, bis hin zur Beachtung der Menschenrechte. Wie so oft in Luxemburg, hat man den Eindruck, dass alle ministeriellen Ressorts die Anordnung bekamen, einen Katalog an Maßnahmen aufzustellen, die einigermaßen in die vorgegebene Schablone passen. Von einer wirklichen geplanten und koordinierten Politik ist hier keine Spur. Und wo könnte sie sein, da wir ein Land des « laisser-faire » sind, wo man weder Klimasündern, noch Spekulanten mit nervigen Regularien und Mehrkosten auf die Füße treten möchte? Wie kann ein « Plan de développement durable » in einem Umfeld gedeihen, in dem es in der Hauptsache um Business und Profit geht? Nachhaltiges Wachstum setzt eine starke öffentliche Hand voraus, die durch gezielte Interventionen die nötigen Rahmenbedingungen für eben ein solches Wachstum vorgibt.

Der dritte Akt: vier LISER-Studien zum Bauland

 

Der dritte und womöglich interessanteste Akt der letzten Woche war die Publikation der vier LISER-Studien zum Bauland. Erstmalig wurden klare Zahlen geliefert: 80 Prozent des bebaubaren Baulandes sind in den Händen von 3300 Personen. Und wahrscheinlich sind die Zahlen noch bedrückender, wenn die Anteile, welche durch Gesellschaften gehalten werden, dazugerechnet werden. Die Preissteigerung von jährlich 6 % verdrängt immer mehr Menschen in die Peripherie des Landes oder gar außer Landes. Es wird zu wenig gebaut, ein klassisches Oligopol, ein kranker Markt in welchem einige wenige das Angebot und somit die Preise kontrollieren, und absolut kein Interesse daran haben, dass Wohnungen im Sinne der Allgemeinheit, billiger werden. Ein klassisches Beispiel, wo der Staat und die Gemeinden, also wieder einmal die öffentliche Hand, eigentlich eingreifen müssten. Nur durch eine radikale und angepasste Besteuerung der Immobiliengewinne, durch Einführen einer angepassten Grundsteuer, einer Spekulationssteuer, einer Preisbremse, einer Vermögenssteuer, einer Wertschöpfungsabgabe, kann man die ausufernden Exzesse des Wohnungsmarkts eindämmen. Der Haken: Immobilien als Spekulationsobjekt anzusehen hat in Luxemburg Tradition. Dies wurde wieder einmal anschaulich dargestellt im Interview mit der ewigen Stadt-Bürgermeisterin Lydie Polfer am 1.3.2019, die zur Blütezeit des Neo-Liberalismus von Thatcher und Reagan, Anfang der 80er Jahre, zum ersten Mal an die Macht gelangte. 40 Jahre später verfügt Sie immer noch über die gleichen Reflexe: wo ist denn das Problem mit dem Markt, der alles regelt mit seiner unsichtbaren Hand? Somit steht Sie sinnbildlich für das fehlende und doch notwendige Umdenken.

Luxemburg als liberales und wirtschaftsorientiertes Land, gefangen in seinen Konsumexzessen, kann unmöglich seine Probleme aus eigener Kraft lösen. Zu stark ist mittlerweile der Druck des Geldes und der regierenden Businessmilieus. Nur durch ein Umdenken auf europäischem Niveau, durch einen radikalen Wechsel des Wirtschaftsmodells hin zu einer dauerhaften, nachhaltigen, für die Konsumenten und Bürger fairen Wirtschaft, können wir die Zukunftsprobleme angehen. Ein blindes Vertrauen auf die sogenannte unsichtbare Hand ist dabei jedoch der falsche Ansatz. Die Staatengemeinschaft muss für eine gerechte und faire Zukunftsausrichtung, im Interesse der Allgemeinheit, vermehrt auf ein Einschreiten der öffentlichen Hand setzen. Bei diesem Umdenken sollte Luxemburg mit gutem Beispiel vorangehen.

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