Traditionell ziehen die einzelnen Parlamentsfraktionen im Rahmen eines Pressempfangs zum Ende einer Chambersaison Bilanz. So auch die LSAP. Die sozialistische Fraktion tat dies am Montag, den 16. Juli 2018 in Bartringen. Wir haben die Gelegenheit genutzt und uns mit Fraktionschef Alex Bodry über die vergangenen zehn und die kommenden drei Monate unterhalten.
In Ihrer kurzen Ansprache vor der Presse haben Sie von einer „ganz starken Bilanz mit einem starken Abschlussjahr“ gesprochen…?!
Alex Bodry: „Mehr als 600 Gesetzentwürfe hat das Parlament in dieser Legislaturperiode verabschiedet. Ein Rekord! Üblich waren in den vergangenen Perioden 450 bis 500. Zudem war politisch die gesamte Bandbreite aller Politikbereiche vertreten. Hinzu kommt, dass der Großteil aller Gesetze weit über die Koalition hinaus im Parlament eine Mehrheit fanden.
Zudem stehen noch bis Ende Juli zwei weitere Parlamentswochen bevor, in denen wichtige Texte zur Abstimmung kommen. Ich denke zum Beispiel an das Vermummungsgesetz, ein schwieriges Dossier in dem die Regierung aber ihre Handlungsfähigkeit unterstrichen und vor allem durch ihre Initiative Ruhe in die entsprechenden Diskussionen gebracht hat. Auch werden wir bis zur Sommerpause noch das Thema der Geschlechtsumwandlungen im Zivilstand klar und geordnet regeln.“
Wenn Sie einige der von Ihnen erwähnten 600 neuen Gesetze hervorheben müssten…?
Alex Bodry: „Als Präsident der für die Verfassungsreform zuständigen Kommission liegt mir selbstredend die politische Einigung zur Verfassungsreform und die Verabschiedung des diesbezüglichen Kommissionsberichts sehr am Herzen. Dem neuen Parlament obliegt es nun, diese Reform zu Ende zu bringen. Ein wichtiges verabschiedetes Gesetz betrifft die Abschaffung der Kirchenfabriken und der Schaffung eines Kirchenfonds. Zu diesem hat ja auch jüngst das Bezirksgericht festgehalten, dass es sich bei den beschlossenen Maßnahmen weder um eine Enteignung noch um einen Verfassungsbruch handelt und somit dem Syndikat der Kirchenfabriken Syfel aber auch der CSV und der ADR Unrecht gibt. Zu den wichtigen Gesetzen der vergangenen Chambersaison rechne ich die Reformen von Rettungsdiensten und Polizei, das Lohnabkommen sowie die Einführung der Zeitsparkonten im öffentlichen Dienst, die Scheidungsreform sowie das Krankenhausgesetz. Besonders erwähnenswert sind die Legalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken, die Einführung des „Pappecongé“, die Reform des Wahlgesetzes mit der Vereinfachung der Briefwahl, die Reform des garantierten Mindesteinkommens, das neue Universitätsgesetz, das erste Archivgesetz sowie die Neuregelung der Landesplanung. Und mit manch einer Debatte haben wir im Parlament, ich denke vor allem an die „Logement“-Debatte die Weichen für die kommenden Jahre gestellt. Für die LSAP jedenfalls steht fest, dass es im Wohnungsbau-Dossier kein ‚business as usual‘ mehr geben kann und darf.“
Spezielle Erwähnung fanden in Ihrer Bilanz auch die Staatsfinanzen…!?
Alex Bodry: „Die öffentlichen Finanzen sind im Gleichgewicht. Gesamtstaatlich betrachtet haben wir ein deutliches Plus, im Zentralstaat ein leichtes Defizit. Bilanztechnisch ist dies der beste Abschluss seit zehn Jahren, trotz einer Steuerreform die mit mehreren hundert Millionen Euro zu Buche schlägt. Diese Regierung hat, unter dem Impuls der LSAP, merkliche Akzente zur Stärkung der Kaufkraft gesetzt und zudem die öffentlichen Investitionen auf einem sehr hohen Niveau gehalten. Einschnitte in den Investitionen zu vermeintlichen Sparzwecken, wie dies einige Parteien vertreten, hätte mittel- aber vor allem langfristig negative wirtschaftliche und vor allem gesellschaftliche Auswirkungen.“
Kritik üben Sie an der CSV, dennoch erklären Sie, dass die LSAP für alle Koalitionen offen sei, sofern das Wahlergebnis es hergebe und die nötigen bzw. ausreichend Schnittmengen in den gegenseitigen Wahlprogrammen gefunden würden… ?!
Alex Bodry: „Wir haben nur alle fünf Jahre Parlamentswahlen. Nur alle fünf Jahre können die Wähler entscheiden wem sie die Geschicke des Landes anvertrauen. Um dies ‚en connaissance de cause‘ machen zu können, sollten Sie sich mit den verschiedenen Positionen der einzelnen Parteien auseinandersetzen können. Dies ist was die größte Oppositionspartei anbelangt, allerdings nicht möglich. In den vergangenen fast fünf Jahren hat sie sich in absoluter Diskretion geübt, keine oder kaum Vorschläge gemacht. Anschaulich wird dies u.a. durch die Tatsache, dass noch nie so wenige Gesetzesvorschläge von Oppositionsseite im Parlament eingebracht wurden wie in dieser Legislaturperiode. Und die CSV setzt ihre abwartende, passive Taktik auch im Wahlkampf fort. Bewusst hält sie ihre Positionen ganz vage, lässt die Wähler im Ungewissen. Nicht ohne Grund die Christlich-Sozialen ihr Wahlprogramm erst im September präsentieren. Andere Parteien ziehen es vor, ihr Programm aus wahlstrategischen Gründen häppchenweise zu enthüllen. Nicht so die LSAP. Wir haben vor wenigen Tagen im Rahmen eines außerordentlichen Kongresses unser Wahlprogramm fair, kontrovers und vor allem auch öffentlich diskutiert und letzten Endes verabschiedet. Wir sind bereit für die öffentliche Meinungsdiskussion.“