D’Rechter vun intersexuelle Mënschen waren d’Thema vum Marc Angel, a sengem “Zu Gast” am “Land”

An der neister Editioun vum Lëtzebuerger Land geet den LSAP-Deputéierte Marc Angel an engem Zu Gast-Bäitrag op en rezent Uerteel vum däitsche Bundesverfassungsgeriicht an d’rechtlech a gesellschaftlech Situatioun vun intersexuelle Mënschen zu Lëtzebuerg an.


 

„Nicht der/die Intersexuelle ist pervers, …“

 

„… sondern die Situation, in der er/sie lebt“. So oder so ähnlich ließe sich – frei nach Rosa von Praunheim – die Lebenswelt vieler intersexueller Menschen beschreiben, auch hier in Luxemburg.

Denn bis in die Gegenwart hinein werden intersexuelle Kinder bereits kurz nach ihrer Geburt oder im Kleinkindalter „geschlechtsanpassend“ operiert (GA-OP), wie es beschönigend heißt. Die entsprechenden chirurgischen Eingriffe sind schwerwiegend, schmerzhaft, wiederholt, langwierig, traumatisierend, endgültig.

Nach dem Motto „it’s easier to dig a hole than to build a pole“ werden intersexuelle Kinder meist zu „eindeutigen Mädchen“ umoperiert, da es scheinbar „einfacher“ ist, eine Kastration (Gonadektomie) vorzunehmen, einen Mikropenis zu amputieren bzw. eine Klitorisreduktion vorzunehmen, sowie eine Neovagina anzulegen, als die männlichen Geschlechtsorgane nachzubilden. Die Betonung liegt hier auf „scheinbar“, denn die Spätfolgen können so oder so verheerend sein. Hormontherapien und Folgeoperationen in der Pubertät und im Erwachsenenalter sind ebenso erforderlich wie andere Behandlungen (z.B. Vaginaldehnung), die von den Betroffenen häufig als besonders belastend, ja sogar entwürdigend empfunden werden. Auch Unfruchtbarkeit gehört zu den Folgeerscheinungen. Nicht umsonst werden GA-OPs auch häufig mit Genitalverstümmelungen verglichen.

Doch neben den medizinischen Eingriffen, um das äußere Erscheinungsbild des Körpers an das binär-ideale Geschlechtermodell „männlich-weiblich“ anzupassen, sind die seelischen Schäden, die angerichtet werden können, mindestens genauso groß: Was, wenn sich Eltern und Ärzte bei der Geschlechtsfestlegung „geirrt“ haben? Wenn das Mädchen lieber ein Junge gewesen wäre oder andersrum? Oder wenn die/der Intersexuelle weder Mann noch Frau sein will, sondern so leben möchte, wie sie/er geboren wurde, nämlich als intersexueller Mensch?

In letzterem Fall urteilte kürzlich das deutsche Bundesverfassungsgericht, dass der Geschlechtseintrag ein wesentliches Persönlichkeitsmerkmal sei, weshalb die Betroffenen ein Recht auf die Eintragung einer positiven Geschlechtsbezeichnung wie z.B. „intersex“ oder „divers“ haben müssten. Bei der Anerkennung von Intersex*-Personen geht es also nicht um extravagante Sonderwünsche einer kleinen, „anormalen“ Minderheit, sondern um das elementare Menschenrecht auf Selbstbestimmung und die freie Entfaltung der Persönlichkeit.

Was ist zu tun? Drei zentrale Punkte sind zu regeln:

  1. Geschlechtszuweisende Operationen an Kindern, die nicht zustimmungsfähig sind, sollten gesetzlich verboten werden, sofern sie nicht medizinisch indiziert sind.
  1. Der Gesetzgeber sollte die Möglichkeit eröffnen, zumindest vorübergehend auf einen Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde zu verzichten, und einen positiven Eintrag für ein „drittes Geschlecht“ im Personenstandsregister ermöglichen.
  1. Die größte Herausforderung besteht zweifellos darin, die gesellschaftliche Akzeptanz intersexueller Menschen durchzusetzen. Durch einen klaren gesetzlichen Rahmen, aber vor allem auch durch Sensibilisierung, Bildung und Erziehung kann dies schrittweise gelingen.

Als LSAP ermutigen wir den Justizminister, noch in der laufenden Legislaturperiode ein fortschrittliches Gesetz zum Schutz von Intersex*-Menschen auf den Instanzenweg zu bringen. Denn wie gesagt: Nicht die/der Intersexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der sie/er lebt.

Lasst uns endlich Nägel mit Köpfen machen, die verbleibenden Diskriminierungen beseitigen und vor allem die Grundrechte intersexueller Kinder wahren. Because it’s 2018!

Marc Angel
Abgeordneter der LSAP

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