LSAP-Info Nr. 21: Die Reform der Pflegeversicherung.

Ziel der Pflegeversicherung ist die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen sowohl zu Hause als auch in einer Pflegeeinrichtung. Die Pflegeversicherung übernimmt die Kosten für Hilfe- und Pflege-leistungen, für technische Hilfsmittel und Anpassungen bzw. Umbauten der Wohnung.

Die Pflegeversicherung wurde durch das Gesetz vom 19. Juni 1998 eingeführt und zählt heute über 13.500 Empfänger – eine Zahl, die in den kommenden Jahren weiter steigen wird aufgrund des demographischen Wandels und der Alterung der Bevölkerung. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Pflegeversicherung zu reformieren, um ihre finanzielle Nachhaltigkeit und weiterhin einen gerechten Zugang zu qualitativ hochwertigen Dienstleistungen zu gewährleisten.

Der Gesetzentwurf 7014 zur Reform der Pflegeversicherung wurde von langer Hand vorbereitet: er stützt sich auf einen Bericht über die Funktionsweise und die finanzielle Tragfähigkeit der Versicherung aus dem Jahr 2013, eine Konsultationsdebatte in der Abgeordnetenkammer im Jahr 2014 und mehrere Konsultationsrunden mit Stellvertretern der Versicherten, der Leistungsträger und der Gewerkschaften. Sowohl der Gesetzentwurf als auch die nachgereichten Änderungen berücksichtigen viele der vorgebrachten Kritikpunkte und Forderungen.

Das Reformprojekt bestätigt die vier Grundsätze der Pflegeversicherung, nämlich:

– die Priorität von Rehabilitationsmaßnahmen vor Pflegeleistungen;
– die Priorität der Versorgung zu Hause vor der Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung;
– die Priorität von Sachleistungen vor Geldleistungen;
– die Kontinuität der Behandlung.

• Die Zugangsbedingungen zur Pflegeversicherung bleiben unverändert: der Anspruch auf Leistungen gilt ab einer Hilfsbedürftigkeit von mindestens 3,5 Stunden pro Woche für die Tätigkeiten und Aktivitäten des täglichen Lebens. Die Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person werden individuell beurteilt und aufgrund eines multidisziplinären Ansatzes ermittelt. Die Instrumente für die Bewertung und Ermittlung der Bedürfnisse wurden überarbeitet, um sie einfacher und transparenter zu gestalten.

• Aufgrund des Gutachtens wird ein Pflegeplan erstellt; er beschreibt die Leistungen, auf die die pflegebedürftige Person Anspruch hat. Jede Leistung entspricht einem Zeitaufwand, die Summe der Leistungen ergibt ein Zeitvolumen, das sich in eines von 15 progressiven „Niveaus“ einordnen lässt und maximal 2.230 Minuten, oder mehr als 37 Stunden pro Woche, beträgt. Der Vorteil dieses Systems: es ermöglicht die flexible Anpassung der Leistungen an die täglichen Bedürfnisse der Menschen.

• Zusätzlich zu den Pflege- und Hilfsleistungen für die Tätigkeiten und Aktivitäten des täglichen Lebens können weitere Leistungen gestattet werden:

Spezialisierte Aktivitäten zur Erhaltung und Unterstützung der Unabhängigkeit bei der Durchführung von Aktivitäten des täglichen Lebens umfassen die frühere spezialisierte Unterstützung sowie die individuelle Beratung. Diese activités d’appui à l’indépendance (AAI) können sowohl zu Hause als auch in einer Pflegeeinrichtung erbracht werden. Die individuell erbrachten AAI werden bis zu einer Obergrenze von 5 Stunden pro Woche erstattet, in der Gruppe liegt die Obergrenze bei 20 Stunden pro Woche.

– Leistungen im Bereich der nicht spezialisierten Unterstützung (Betreuung, Wache, geplante Entlastung der Pflegeperson) und die Unterstützung für Haushaltsarbeit werden zusammengelegt:

In der Pflegeeinrichtung sind begleitende Aktivitäten von bis zu 4 Stunden pro Woche vorgesehen. Diese activités d’accompagnement (AA) werden in 4er-Gruppen erbracht und erreichen so 16 Stunden pro Woche.

Für pflegebedürftige Personen, die zu Hause leben, sind spezifische Leistungen vorgesehen, die sog. activités de maintien à domicile. Diese bestehen aus 3 Stunden Unterstützung für Hausarbeit und 7 Stunden individueller Betreuung, bei Bedarf auch mehr. Die Obergrenze für die activités de maintien à domicile und activités d’appui à l’indépendance liegt bei 14 Stunden pro Woche. Bei einer Betreuung in einer Tagesstätte liegt die Obergrenze für beide Leistungen zusammen bei 40 Stunden pro Woche.

– Die Kostenübernahme für technische Hilfsmittel, Anpassungen bzw. Umbauten der Wohnung sowie Inkontinenzartikel bleiben unverändert.

– Schließlich wird eine Nachtwache eingeführt für pflegebedürftige Personen, die eine ständige Betreuung benötigen. Erstattet werden 8 Stunden pro Nacht für maximal 10 Nächte pro Jahr.

• Die Pflegeperson, d. h. die Person aus dem persönlichen Umfeld, die der pflegebedürftigen Person hilft und sie pflegt, wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Zukünftig wird die Pflegeperson jedoch identifiziert und stärker unterstützt. Vorgesehen ist u. a. die Bewertung ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer Verfügbarkeit, sowie jährliche Aus- und Fortbildungen und eine regelmäßige Begleitung.

Neben der individuellen Betreuung für die pflegebedürftige Person und den Gruppenaktivitäten, bietet auch die Nachtwache für maximal 10 Nächte pro Jahr Gelegenheit zur Erholung der Pflegeperson.

Auf Anfrage übernimmt die Pflegeversicherung auch weiterhin die Rentenversicherungsbeiträge der Pflegeperson.

• Die aktuelle Cellule d’évaluation et d‘orientation (CEO), die sich um die Bewertung und Ermittlung der Bedürfnisse der Pflegebedürftigen sowie um Beratung und Kontrolle im Pflegebereich kümmert, wird eine unabhängige Verwaltung, die Administration d’évaluation et de contrôle de l’assurance dépendance.

• Die Aufgaben der nationalen Gesundheitskasse (Caisse nationale de santé, CNS) bleiben unverändert: sie bleibt weiterhin zuständig für Verwaltung und Auszahlung der Leistungen. Auch in Bezug auf das Interventionsfeld der Leistungserbringer gibt es keine Veränderungen (Pflegedienst-Netzwerke für häusliche Pflege, halbstationäre Zentren, Tagesstätten, Pflegeeinrichtungen und Pflegeeinrichtungen für vorübergehende Aufenthalte).

• Die Commission consultative, die Commission de qualité des prestations und die Commission des normes werden zu einer einzigen Commission consultative zusammengeschlossen.

• Ein neues Qualitätskontrollsystem garantiert die Qualität der Pflege- und Betreuungsleistungen. Dazu werden die einzelnen Leistungen präzise definiert, mitsamt der erforderlichen Qualifikation sowie dem Personalschlüssel, und Normen ausgearbeitet. Die Generalinspektion für soziale Sicherheit wird alle zwei Jahre einen Bericht verfassen.

• Die Pflegeversicherung wird auch weiterhin durch einen Beitrag von 1,4% (nach Abzug eines Freibetrags von ¼ des Mindestlohns) auf allen Einkünften (Gehalt, Rente, Pensionen, Vermögen), eine staatliche Beteiligung von 40% der Ausgaben und einen Beitrag des Elektrizitätssektors finanziert.

Für zusätzliche Informationen:

Taina Bofferding (tbofferding@chd.lu)
Nadine Entringer (nentringer@chd.lu)

Facebook
Twitter